Ein Mädchen sitzt auf einem Gymnastikball Sitzball

Gymnastikball statt Stuhl: Schule stellt auf Sitzbälle um

Schule in Norwegen ersetzt Stuhl durch Gymnastikball. Langes Stillsitzen in der Schule war schon immer ein Problem. Der Bewegungsapparat, das Herz-Kreislaufsystem und auch die Konzentration leiden unter der einseitigen Haltung im Sitzen. Die Gefahren für Kinder sind Haltungsschäden, Koordinationsstörungen, Störungen von Stoffwechsel und Kreislauf sowie Konzentrationsschwierigkeiten. Einen berherzten Schritt gegen die negativen Folgen des langen Sitzens für Kinder ist nun eine Schule in Norwegen gegangen. Sie hat alle Stühle aus dem Klassenzimmer verbannt. Die Schüler lernen auf Sitzbällen.

Schüler der fünften bis siebten Klassen nur noch auf Sitzbällen

Der Schuldirektor Dag Voigt im norwegischen Ort Bjerkreim hatte sich von einem Schülervater, der Physiotherapeut ist, zu dem Modellversuch in einer Klasse überreden lassen, die Stühle durch Sitzbälle auszutauschen und damit etwas für die Gesundheit der Schüler zu unternehmen. Denn das lange Sitzen auf Stühlen sei sehr schädlich nicht nur für den Rücken, sondern für die gesunde Entwicklung des gesamten Bewegungsapparats der Kinder, hatte der Physiotherapeut kritisiert.

Das Ergebnis erstaunte die Lehrer an der Schule: Nicht nur der Muskelapparat der bewegt sitzenden Schüler habe deutlich vom Sitzen auf dem Gymnastikball profitiert, sagt Schulleiter Dag Voigt in der österreichischen Zeitung „Die Presse“: „Die Konzentration stieg sogar an. Die Kinder wurden viel fitter.“ Letztlich verbessert sich die Aufnahmefähigkeit und damit der Lernerfolg.

Das Projekt lief offenbar so erfolgreich, dass mittlerweile alle Schüler von zehn bis 13 Jahren an der Bjerkreimer Schule auf dem Gymnastikball sitzend lernen. Nach Unterrichtsende legen die Schüler die Sitzbälle in einen Ringhalter auf dem Tisch, damit der Boden geputzt werden kann. Direktor Voigt ist von der Neuerung überzeugt: „Letztlich ist es einfach. Die Schüler finden selbst heraus, wie sie auf den Bällen sitzen und wie sie das im Unterricht variieren“, sagt er.

Gymnastikball in der Schule fördert tiefe Muskelpartien

Beim Sitzen auf dem Gymnastikball ist der Körper anders als beim Sitzen auf einem Stuhl immer wieder gezwungen, durch aktive Muskelarbeit die Balance zu halten. Jede kleine Bewegung fordert andere Muskelpartien, um das Gleichgewicht wieder herzustellen. Die Schüler, die jeden Tag im westnorwegischen Bjerkreim auf einem Gymnastikball sitzen, haben deutlich stärker ausgeprägte tiefe Muskelpartien als Gleichaltrige, die in der Schule generell auf einem Stuhl sitzen. „Die Kinder konnten selbst fühlen, dass sie stärker geworden sind und das ist ja ein schönes Gefühl. Sie lieben die Bälle. Ich kann es nur empfehlen„, sagt Schulleiter Voigt.

Bei den jüngeren Schülern der Klassen eins bis vier übrigens hält Voigts Schule an Stühlen fest, da ein Gymnastikball diese Kinder zu sehr zum Spielen verleiten würde. Allerdings fällt die Schule auch hier durch ihren progressiven Umgang mit dem Thema Sitzen auf. „Bei den Kleinen wechseln wir ab, mal sitzen sie auf Stühlen, mal stehen sie, mal liegen sie im Unterricht„, erzählt Voigt.

Weitere Ansätze gegen das Stillsitzen in der Schule

Ansätze, die dem Stillsitzen in der Schule etwas entgegensetzen wollen, finden sich übrigens nicht nur in Norwegen. Seit den 80er Jahren plädiert der Schweizer Urs Illi für mehr Bewegung für Kinder in der Schule und beim Lernen. Seine Forderungen finden unter anderem an den so genannten Bewegten Schulen Gehör, die sich in den vergangenen Jahren beispielsweise in Niedersachsen und Berlin gebildet haben.

Auch alternativpädagogische Schulen wie Montessorischulen arbeiten in der Regel mit deutlich freieren Bewegungskonzepten. Die Schüler dürfen sich hier meist nicht nur an Tischen, sondern auch auf dem Boden oder gar im Freien einen Platz zum Lernen wählen. Sie suchen ihren Lernort und ihre Lernposition selbst und dürfen dies auch mehrmals am Vormittag verändern.

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