Von rauchenden Köpfen beim neuen Familien-Abend-Ritual oder wie man eine Schreibverweigerin an den Füller bekommt: Unsere Kolumnistin Julia Collani forscht heimlich im Internet, um endlich eine Pferderasse mit dem Anfangsbuchstaben „Q“ kennen zu lernen. Warum sie das macht und was das mit den Schreibkünsten ihrer Tochter zu tun hat, beschreibt sie im Blogpost, mit dem sie an einer Blogparade von duwir.de teilgenommen hat.
Meine Tochter machte mich wahnsinnig. Wie konnte man nur so stur sein? Sie hatte die zweite Klasse einer Montessorischule schon fast abgeschlossen und weigerte sich noch immer vehement und konsequent, Schreibschrift zu lernen. Nicht, dass sie so gerne in Druckschrift schrieb. Nein, vielmehr schrieb sie am liebsten überhaupt nicht. In der Schule beschränkte sie ihre schriftlichen Arbeiten auf das Nötigste. Und dieses Nötigste waren im Schnitt zehn Worte am Tag. Sie war nicht faul, Lesen, Rechnen und Sachkunde (oder wie es auf Montessori-Deutsch heißt: Kosmische Erziehung) brachten ihr nur einfach mehr Freude als den Füller zu schwingen.
Nun versuchen wir im Allgemeinen, unseren Kindern Vertrauen zu schenken. Vertrauen, dass sie schon irgendwann alles lernen wollen. Nur muss ich ehrlich eingestehen, dass ich doch nervös wurde, als meine Tochter Mitte der zweiten Klasse noch nicht einmal die Druckbuchstaben beherrschte. Als sich daran auch in den folgenden Monaten nichts Nennenswertes änderte, hielt ich es nicht mehr aus. Mein Mann und ich überlegten uns einen Schlachtplan, wie wir unsere Zweite zum Schreiben bringen wollten.
Die Lösung war das gute, alte Spiel „Stadt, Land, Fluss“. Wobei wir es recht bald umgetauft hatten in „Stadt, Name, Pferderasse“. Wir spielten abends, wenn die beiden Kleinen schon im Bett waren, noch eine Runde mit unseren beiden „großen“ Töchtern. Unsere Zweite ist eine unverbesserliche Pferdenärrin. Das kam ihr natürlich sehr zu Gute in der Rubrik „Pferderasse“. Denn wir anderen drei hatten mit Pferden nie besonders was am Hut gehabt und mussten allzu oft passen. Bei mir reichte es gerade noch für „H“ wie „Haflinger“ und „A“ wie „Araber“. Danach wurde es schon schwierig.
Durch ihr Expertenwissen glich meine Tochter ihre Langsamkeit im Schreiben aus, und die Punktezahl war am Ende doch wieder einigermaßen ausgeglichen. Allerdings hat sich das über die Wochen ganz schön gewandelt. Denn erstens tat ihren Schreibschwüngen die allabendliche Übung gut. Und zweitens fing meine Tochter an, auch in der Schule immer mehr zu schreiben. Schließlich wusste sie jetzt, wozu sie Schreiben lernen wollte, hatte ein greifbares Ziel vor Augen.
Sie war sogar so fleißig, dass sie irgendwann gar nicht mehr bedeutend langsamer schrieb als meine Große. Und damit wendete sich das Blatt. Denn schnelles Schreiben und Pferde-Expertenwissen war zu viel des Guten und die Kleinste am Tisch zockte uns anderen drei gnadenlos ab. Uns blieb nichts weiter übrig als unsererseits nachzusitzen und uns in Sachen Pferderassen weiterzubilden. Und so habe ich auf meinem Computer eine Pferderassenliste als Internet-Startseite installiert. Und jedes Mal, wenn ich ins Internet gehe, lerne ich heimlich einen weiteren Buchstaben auswendig. Ich bin schon bei „K“ wie „Kabardiner“.