Kind steht vor Schultafel mit Doktorhut und Brille - Bildung und Bildungschancen

Bildungschancen noch immer schichtabhängig

Bildung ist nach wie vor eine Frage des Milieus. Aktuelle Studien zur Bildungsgerechtigkeit in Deutschland belegen die folgenschwere Rolle der sozialen Herkunft von Schülern. Demnach hängen die Bildungschancen von Kindern noch immer stark von der gesellschaftlichen Schicht des Elternhauses ab. Philologen und Fachverbände fordern eine bessere Aufklärung und mehr Unterstützung sozial benachteiligter Familien.

Bildungschancen und individuelle Förderung in oberen Schichten erheblich besser

Eltern wollen für ihre Kinder das Beste. Das ist nichts Neues. Aber worin dieses Beste liegt, da scheiden sich offenbar die Geister. Während die meisten bessergestellten Eltern für ihren Nachwuchs einen höheren Bildungsabschluss wünschen, strebt nur ein knappes Drittel der Eltern aus sozial schwächeren Familien für ihre Kinder das (Fach-)Abitur an.

Gute Bildungschancen und individuelle Förderung sind Eltern der oberen Schichten erheblich wichtiger als sozial schwächeren Müttern und Vätern. Groß ist die Kluft etwa in Punkten wie Leseförderung, musikalischer Bildung oder Politikinteresse.

Vereinfacht ausgedrückt: Akademiker schicken ihre Kinder zur Uni. Kinder von Schulabbrechern brechen selbst die Schule ab. Die soziale Herkunft der Eltern und ihr Bildungsgrad bestimmen in Deutschland in höchstem Maße auch den Bildungserfolg ihrer Kinder und damit im Grunde den gesamten weiteren Verlauf ihres Lebens.

Andreas Schleicher, der als Direktor für die groß angelegte OECD-Studie aus dem Jahr 2018 verantwortlich zeichnet, drückt es so aus: „Unter den 15-Jährigen ist der Leistungsabstand zwischen den Kindern, wenn sie die 25 reichsten und ärmsten Familien mal nehmen, das sind dreieinhalb Schuljahre. Natürlich steht Deutschland da nicht allein mit dieser Herausforderung, aber dass die Schülerleistung bildungsferner Schichten deutlich besser sein können, das sehen wir in Ländern wie Kanada oder Estland.“

Schleicher spricht in einem Interview mit Deutschlandfunk von einer „Konzentration von Benachteiligungen„: „Kernproblem ist, dass fast die Hälfte der sozial benachteiligten 15-Jährigen in Deutschland auf Schulen gehen, die selbst in einem ungünstigen sozialen Umfeld liegen. Und die werden dadurch halt doppelt benachteiligt. Wenn Sie jetzt einen Schüler nehmen aus einem ungünstigen Familienumfeld, der auf eine sozial besser gestellte Schule geht, der ist um fast drei Jahre weiter in seinem Leistungsniveau als ein Schüler, der eben aus sozial schwierigen Verhältnissen kommt und dann auch noch auf eine benachteiligte Schule geht. Also im Grunde, das schulische Umfeld schlägt sehr viel stärker noch auf die Leistung durch als das familiäre soziale Umfeld. Und diese doppelte Benachteiligung ist eine große Herausforderung, die ist bedingt, indem eben Schulen in einem ungünstigen sozialen Umfeld in Deutschland auch ein schlechteres Lernklima haben. Die leiden häufiger an Mangel von qualifiziertem Lehrpersonal, haben einen höheren Anteil von Klassenwiederholungen. Also da kommt einiges zusammen, was sich dann deutlich erschwerend auswirkt noch.“

Diesem Umstand möchte der Deutsche Philologenverband mit intensivierter Aufklärungsarbeit begegnen. Vorsitzender Heinz-Peter Meidinger fordert, die Beratungsangebote für Eltern auszubauen: „Dafür brauchen Schulen eigene Zeitkontingente, das heißt im Endeffekt zusätzliche personelle Ressourcen.“ Nur dadurch ließen sich die Bildungschancen für Kinder aus sozial schwächeren Familien erhöhen.

Familien brauchen mehr Unterstützung

Sabine Walper vom Deutschen Jugendinstitut fordert die Politik zum Handeln auf: „Schulen und Lehrer dürfen mit dieser Aufgabe aber nicht allein gelassen werden. Es bedarf einer Koordination familien- und bildungspolitischer Initiativen, um die Zusammenarbeit von Elternhaus und Schulen weiter zu fördern.“ Auch Monika Bachmann, Vorsitzende der Jugend- und Familienministerkonferenz der Länder, ist der Meinung: „Es bleibt eine gesamtgesellschaftliche und politische Aufgabe, Eltern bei ihrem Erziehungs- und Bildungsauftrag zu begleiten und noch besser zu unterstützen.“

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